Strategisches Skalieren im Daytrading

Die gängige Lehrbuchmeinung ist die, dass der Aufbau von Positionen nur im Gewinn erlaubt sei, niemals aber im Verlust. Das sollte man durchaus mal kritisch hinterfragen. Dazu mal ein Beispiel, wie man gezielt auch im Verlust skalieren darf und wie es vor allem durchaus für viele, erfolgreiche Trader üblich ist.

Der Schlüssel liegt hier im Risk- bzw. Trade-Management. Man verteilt zunächst das Gesamtrisiko auf z. B. 3 Teilpositionen statt auf eine einzige und löst Teilpositionen an strategisch wichtigen Punkten auf – im Gewinn als auch im Verlust! Den SL wählt man zunächst passend etwas großzügiger und setzt ihn hinter den letztmöglichen Entry. Dass das Risiko zum Konto passen muss, versteht sich von selbst.

Das nachfolgende Beispiel stammt aus dem Dow und zeigt einen Short-Trade vom 5. Juni 2018. Hier gab es nach meiner Strategie drei mögliche Wendepunkte. Der erste lag bei 24800 und wurde im Rücklauf per Short-Stop-Order eingedeckt, mit 1/4 der eigentlichen Positionsgröße.

Das erste Bild zeigt den bereits laufenden Trade. Der kleine rote Punkt neben dem Lineal zeigt den ersten Entry. Der Break-Even für den gesamten Trade – nicht für die aktuell offenen Positionen – wird markiert durch die goldene Linie, sie informiert mich transparent über den aktuellen Gewinn/Verlust des gesamten Trades. Ich habe also immer die volle Risikokontrolle im Blick.

Diese goldene Trade-Break-Even-Linie liegt deswegen unterhalb des Break-Even der aktuell offenen Positionen, weil bereits etwa 10 Punkte über dem ersten Entry versucht wurde, eine weitere Teilposition zu eröffnen, welche aber mit -5 Punkten wieder manuell aufgelöst wurde. Stattdessen wurde dann ein höherer Punkt bei 24833 für den nächsten Entry gewählt, zu erkennen an dem kleinen roten Punkt neben der Preisskala am lokalen Hochpunkt.

Eine weitere Limit-Short-Order liegt bei 24393, knapp unter dem SL. Ab dort betrachte ich Short als kritisch und würde insgesamt auflösen.

Das nächste Bild zeigt den Fortschritt. Das letzte High wurde nicht überboten, daher wird nun in den Rücklauf eine weitere Short-Stop-Order platziert. Die obere Limit-Order bleibt erst einmal liegen. Teilauflösungen, ob nun im Gewinn oder Verlust kosten letztlich einen einzigen Klick. Ein Überlaufen durch einen Squeeze ist nicht möglich, davor schützt die Pullback-Funktion.

Die Short-Stop wurde gefillt. Nun kommen zwei Limit-Pullback-Long-Orders an einem ersten möglichen Target hinzu. Diese würden 2/3 zunächst des Gesamttrades auflösen. Die beiden Break-Even-Linien sind entsprechend ein paar punkte nach oben gewandert.

Die Limit-Long-Orders werden erreicht. Da es sich um Limit-Pullback-Orders handelt, werden diese jedoch in Buy-Stop-Orders umgewandelt. Im Falle eines Überlaufens, erhalten wir also den besseren Exit.

Die Limits werden dank Limit-Pullback-Funktion teils über 10 Punkte besser gefillt. Zu sehen ist hier nur deshalb nur eine Order, weil diese nun übereinander liegen und auf identischem Level getrailt werden.

Die Limits wurden gefillt. Der Break-Even für den gesamten Trade liegt nun bereits bei 24847, dort wo auch der SL liegt. Dass der Positions-Break-Even gerade mal auf dem aktuellen Kurs liegt, ist irrelevant. Entscheidend ist das gesamte Ergebnis.

Der Kurs stagniert bei 24788 am Point of Control. Ich löse auf mit einem Gesamtergebnis von +57 Punkten (Teilpositionen summiert).

Es wird gerne gelehrt, das Verbilligen im Verlust verboten ist. Dass mag hilfreich sein, wenn man den Überblick über das Risiko verliert, nicht aber, wenn man es wie hier gezeigt, kontrolliert managed. Nach Lehrbuch wäre man hier ausgestoppt worden, so hingegen wurden die Chancen erhöht und das Risiko dynamisch gehalten. Gleiches gilt für das CRV, es ist auf diese Art und Weise dynamisch, nie fix.

Natürlich war die Idee, dass der Dow nach unten weg bricht. Aber ich kann ich ja leider nicht dazu zwingen. Dennoch konnte der Trade im Gewinn geschlossen werden.

Wenn man das auf diese oder ähnliche Weise – diszipliniert – praktiziert, erhöht man definitiv seine Gewinnwahrscheinlichkeiten. Wozu keineswegs zu raten ist, ist blindes Verbilligen. Damit ist gemeint, dass man einfach nachkauft und hofft, dass der Kurs das macht was man will. Man muss bereit sein, auch im Verlust zu schliessen. Ob nun den ganzen Trade oder Teilpositionen. Beherzigt man das nicht, wird man auch mit Verbilligen scheitern, vermutlich sogar schneller.

Dass es dazu etwas Übung braucht, ist natürlich vollkommen klar. Es lohnt sich aber durchaus, sich damit zu befassen.

Think about it : )

Dirk Hilger